Schreck auf Schreck

Die ersten Tage

Das Erste war natürlich eine herzliche Begrüssung von unserem Haus- und Hofhüter Santiago auf Teneriffa. Er hat in der Abwesenheit des Vorbesitzers vorzüglich zu der Liegenschaft geschaut. Fabienne Zielinsky kam dann auch schon und eine Umarmung und Glückwünsche schlossen sich an. Dann ein erster scheuer Blick über die Liegenschaft. Hach Leute, es ist so wunderschön hier. Die Luft und das Meer, der Blick auf den Teide, einfach alles perfekt. Glücklich aber sehr müde fielen wir sehr früh in das zum Glück schon vorhandene Bett.

Am 5. Juli, meinem Geburtstag, fuhren wir zu Mobiltrans, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Und haben uns auf Teneriffa angemeldet. Anmeldungskosten auf der Gemeinde: 4.64 €.

Mit dem Auto waren wir noch bei der Toyota Garage, weil ja unterwegs ein Lämpchen aufgeleuchtet hatte. Das Lämpchen war aber wieder selber erloschen und so gingen wir das Risiko ein einfach so zum ITV, dem spanischen TÜV zu fahren, der auf den 12. Juli schon terminiert war. Überhaupt waren wir wunderbar betreut von all den lieben Leuten, von Mobiltrans, Zielimmobilien und Herr Sananes unserem Einwanderungscoach.

Die folgenden Tage waren mit Besuchen bei Banken, Einwanderungscoach und Internetanbieter belegt. Aber fast täglich konnten wir im eigenen Pool baden oder einfach entspannen.

Als eine etwas stressige Angelegenheit stellte sich eine Unterschrift-Bestätigung für meinen Brummbär heraus. Der deutsche Honorarkonsul fühlte sich nicht zuständig, genauso wie ein spanischer Notar, der das Dokument in spanisch wollte. So warteten wir bis Freitag, bis ein Notar seine deutsche Sprechstunde hatte. Der einfache vom Computer ausgedruckte Antrag wurde nun durch Stempel, Kleber und Marken zur hochwichtigen Angelegenheit und kostete schlappe 93€.

Dafür hat unser Auto den TÜV mit Bravour bestanden. Obwohl wir vorher schon vorbereitet wurden, dass jede Kleinigkeit bemängelt würde. Aber unser braves Auto hat es geschafft. Nun muss er nur noch umgemeldet werden.

Das Wetter auf Teneriffa ist einfach nur herrlich. Auch wenn es bewölkt ist, was im Norden des öfteren der Fall ist, ist es nicht kalt, sondern immer gleichmässig warm. Zwischen 23° und etwa 27°.

Nur noch mal kurz die Tiere abholen… dachten wir…

Am 15. Juli fuhren wir am Morgen an den Flughafen Süd, um in der Schweiz die Tiere abzuholen.

Doch beim Boarding der grosse Schock: wir waren zwar bei Edelweiss Air im System drin, aber sie konnten uns keine Tickets ausdrucken. Ellenlange Diskussionen, bis dann einer kam um uns doch noch die Tickets zu geben. Erleichtert konnten wir nach Zürich fliegen. Dort holten wir das vorbestellte Auto bei Europcar ab und fuhren damit nach Nennigkofen in die Tierpension Höfli, wo unsere Tiere hervorragend betreut wurden während unserer Abwesenheit.

Die beiden Katzen waren nicht sehr angetan, dass sie wieder in die Katzenrucksäcke mussten. Unsere Hunde stiegen aber sofort in die Flugboxen, an die wir sie ja schon gewöhnt hatten. So fuhren wir guter Dinge nach Zürich zu meiner Tochter, die uns für die halbe Nacht Asyl bot.

Frühmorgens um halb vier wurde alles und alle wieder eingepackt und wir fuhren zum Flughafen. Dort zeigte man uns, wo man Sondergepäck aufgeben konnte. Aber hier kam dann der grösste Schock. Swiss wollte uns nicht mitfliegen lassen. Auch hier wieder, wir waren im System, auch die Tiere, aber irgendwie funzte es mit den Tickets nicht. Dann plötzlich kam Bewegung in die Sache und wir wurden zur Chefsache erklärt. Wir wurden an den Boardingschalter gebracht und erhielten Tickets. Die Hunde wurden abgeholt und wir konnten durch den Sicherheitsbereicht bis zum Abflugschalter. Dort sagte man uns, dass uns jemand sprechen wolle und gab Brummbär einen Telefonhörer.

Es hatte sich herausgestellt, dass bei der Buchung zwei Monate zuvor unsere Kreditkarte nicht akzeptiert wurde und unsere Flüge gar nicht bezahlt waren. Unser Fehler war, dass wir die Abbuchung nicht kontrolliert hatten. Aber zu unserer Entschuldigung muss ich sagen, dass ich einen Monat voher noch einmal angerufen hatte und mir wurde gesagt, dass alles OK sei, dass die Tiere mit gebucht sind. Also sahen wir keinen Grund das noch einmal zu kontrollieren.

Wir sassen fest. Die Hunde wurden gerade wieder aus dem Flugzeug ausgeladen und wir diskutierten immer noch mit der Crew. Die jedoch erhielt die Weisung, uns nur durch zu lassen, wenn wir beide Flüge, also der vom Vortag und den jetzt, in Cash bezahlen würden. Wie sollten wir das machen? Hatten wir doch nicht so viel Bargeld bei uns? Ich hatte mich schon oft gefragt, wie jemand an einem Flughafen festsitzen kann. Nun wusste ich es. Hier in der Schweiz kein Zuhause mehr und nach Teneriffa liessen sie uns nicht.


Da bewies mein Brummbär wieder einmal Geistesgegenwart. «Gib mir all unsere Kreditkarten die wir haben», sagte er und war auch schon losgespurtet.

Das klappt nie im Leben dachte ich, und stand etwas belämmert mit zwei Katzen-Rucksäcken beim Boarding. 10 Minuten vor Abflug.

Die anderen Passagiere waren alle schon längst eingestiegen. Ich war so geschockt, ich konnte gar nichts mehr denken. Die Hunde unten irgendwo und die beiden jammernden Katzen hier, sass ich ziemlich belämmert vor dem Eingang zum Flugzeug.  Ein letzter Aufruf für den Flug nach Teneriffa ging gerade durch die Lautsprecher und die letzten noch gesuchten Passagiere kamen durch die Schleuse. Das Band wurde zugemacht…

«Aus vorbei» dachte ich, als ich meinen Brummbär sah, wie er regelrecht durch die Halle gehechtet kam und laut rief: «Ich habs!»

Ich traute meinen Augen und Ohren nicht. Der Schweiss lief ihm nur so übers Gesicht und er bekam kaum mehr Luft, aber er hat es geschafft. Er ist jetzt mein grosser Held. Er hatte es doch tatsächlich geschafft das Geld aufzutreiben. Und das obwohl der nächstgelegene Bankomat defekt war und der einzige, der funktionierte am anderen Ende der Halle lag.

Hektisch telefonierte ein Crewmitglied mit dem Bodenpersonal und die Hundeboxen wurden wieder eingeladen. Währenddessen legte mein „Held“ mehrere Bündel Banknoten auf den Thresen. Echt auf den allerletzten Drücker. Brummbär erzählte mir, wie er gerannt sei und ich konnte mir gerade vorstellen, wie die Leute, die ihm im Wege standen alle auf die Seite spritzen, weil er immer wieder schrie, sie sollen Platz machen. Wie im Film, wenn der Mann seine Geliebte daran hindern will, dass sie wegfliegt.

Die Dame am Schalter konnte auf einen Franken nicht herausgeben. Mein immer noch keuchender Schatz winkte nur müde lächelnd ab. Auf dem Weg zum Flugzeug lief uns der junge Mann der Crew nach und gab uns den einen Franken aus seinem eigenen Portemonnaie. Er soll uns Glück bringen in der neuen Heimat. Er bat auch die Stewardess als erstes meinem grossen Helden ein Wasser zu geben, welches er dankbar und gierig trank.

Etwas ramponiert betraten wir das Flugzeug und begleitet von «jöös und süss» suchten wir unsere Plätze. Wir trugen ja die Rucksäcke vorne am Bauch und unsere Katzen konnten schön mitgucken wohin wir gingen. Endlich sassen wir und schon rollte die Maschine zum Start. Erschöpft wie wir waren, störte es uns dann gar nicht mehr, dass die Katzen doch ziemlich viel reklamierten, dass sie so lange eingeschlossen sein mussten.

Ohne weitere Pannen erreichen wir unser Haus und konnten Katzen und Hunde das neue Zuhause beschnuppern lassen. Wir können es auch heute noch gar nicht so richtig fassen, was da alles geschehen ist und dass wir jetzt hier auf der Insel leben dürfen. Wir müssen zuerst den Stress verdauen, dann können wir uns freuen. Einfach erst mal erholen.

Und jetzt sitze ich unter unserer Palme und kann mich endlich zurücklehnen und mit Freude den Möbelcontainer erwarten. Denn alles was jetzt noch passieren kann ist eigentlich gar nichts.

Nach oben scrollen