Chemoblues

Veröffentlicht: Freitag, 19. September 2014 05:48


Ja, auch bei mir gibt es ab und zu den Chemoblues. Nicht oft, aber meistens so kurz vor der grossen Chemo. Es ist nicht wie wenn man zum Zahnarzt geht, denn da ist es meist nach der Behandlung überstanden.
Aber bei der Chemo weiss ich, dass es nach ein paar Tagen erst so richtig einfährt. Dieses sich am ganzen Körper nicht wohlfühlen, der grausliche Geschmack im Mund ist einfach schrecklich. Zu allem Übel scheint jetzt die Fibromyalgie das Gefühl zu haben, sie müsse sich doch auch wieder einmal melden. Das ist zwar doof und schmerzhaft, aber diese Krankheit lehrt mich schon seit Jahren zurück zu stecken. Und so ertrage ich dann die Nebenwirkungen der Giftsauce in meinem Körper mit oftmals stoischer Ruhe. Geht ja nicht anders, wenn man einfach aufs Sofa geknallt wird und vor lauter Müdigkeit kaum mehr raus kommt. Vielleicht ist aber auch das der Grund, dass meine Fibro sich bisher von ihrer lieben Seite gezeigt hat. Nun, letzte Woche habe ich doch schon wieder etwas mehr gemacht und mein Fibröchen hat das gleich krumm genommen.

Aber gucken wir doch mal, was positives zu berichten ist:

Cherry, meine liebe Pinke Kämpferkirsche hat mich via Chat wieder total aufgestellt. Ich liebe diese Frau, die hat so Power und steckt alle damit an. An dieser Stelle einen riesigen Knuddler an dich Einhörnchen. zwinker

Ja und dann ist natürlich auch zu berichten, dass mein lieber Brummbär mich wunderbar betreut und mir das schlechte Gewissen ausredet, wenn ich auf dem Sofa liege und er vor dem Bügelbrett steht. Weisst du, wie das für mich doof ist? Möchte helfen und kann nicht. Ok, manchmal beschmeisst er mich mit den Socken und ich sortiere dann.

Meine Verwandten melden sich auch oft, kommen vorbei und helfen mir. Das ist auch eine Wohltat. Und ich habe zum Glück auch noch meinen Putzprinz. Ein junger Mann der mir schon vor meiner Brustkrebserkrankung wegen der Fibro hilft meinen Haushalt zu meistern. Ohne ihn würden wir in Wollbergen von Tierhaaren leben. Mit Arthrose im Rücken fällt das Staubsaugen und Fegen (in Deutschland Wischen grins) halt äusserst schmerzhaft aus. Und so wuselt mein Facility-Manager mit dem Sauger durchs Haus und lässt es duften und glänzen. Soll einer noch sagen, dass Männer nicht putzen können. Er ist fantastisch!

Und dann sind da natürlich auch noch meine Tiere, die mich immer wieder zum Lachen bringen oder zwingen doch ein bisschen mit Ihnen in den Garten zu gehen. Vor allem die Hunde wollen da schnuppern und Ballspielen. Die Katzen besuchen mich lieber auf dem Sofa, wo ich sie beschmusen kann. Wobei auch die Hunde gerne zu einer Schmusestunde zu mir aufs Sofa kommen. Ich lerne zu akzeptieren, dass unser Sofa etwas mehr als eine Woche nach der grossen Chemo mein beliebtester Mittelpunkt ist. Warum auch nicht, da hab ich alles, Laptop, Stricksachen, Zeitung, TV…. Nur leider hab ich gerade in dieser Zeit weder auf das Eine noch auf das Andere grosse Lust. Doof gell.

Und in solchen Momenten denke ich dann an all die Frauen, die es nicht so gut haben wie ich. Die zum Beispiel alleinstehend sind, kleine Kinder haben und vielleicht nicht einmal eine Hilfe weit und breit, deren Partner möglicherweise mit dem Ganzen nix zu tun haben wollen oder können. Die mit dem Scheisskrebs allein dastehen, ohne ein soziales Umfeld, ohne Freunde. Da werde ich ganz kleinlaut und denke, dass ich doch auf sehr hohem Niveau jammere, wenn ich vor der grossen Chemo meinen Blues habe.

Ich weiss, ich werde wieder gesund, werde wieder Basteln, Putzen und lange mit den Hunden laufen gehen können. Werde auch ICH wieder mal meinen Brummbär verwöhnen und meine Verwandten besuchen gehen können. Und gerade darum lohnt es sich doch diese paar Wochen durch zu halten. „Think positiv“. Krönchen richten, Arschloch denken, weitermachen. Yess Baby!

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