Veröffentlicht: Dienstag, 29. Juli 2014 08:30
Gestern hatte ich den ersten Kontakt zu meiner Onkologin. Die Chemie stimmt, da bin ich schon mal sehr froh. Ich finde es unglaublich wichtig, dass man zu seinen Ärzten Vertrauen haben kann und man sich gegenseitig mag.
Da ich mich ausreichend im Internet und mit der Broschüre von der Krebsliga mit meiner neuen Krankheit auseinander gesetzt habe, erfuhr ich nicht viel Neues. Aber es tat irgendwie gut, nochmal zu erzählen, wie sich das ganze angefühlt hat und was ich heute so fühle.
Ja was fühle ich eigentlich?
Ich muss ehrlich sagen, ich weiss es nicht. Irgendwie ist das alles so wie in einem Traum. Es ist alles selbstverständlich und doch so total abstrus, als ginge es nicht um mich. Vielleicht müsste ich schreien können, weinen und hadern, aber so sehr ich in mich hineinhorche, ich bin ganz locker was die Krankheit selber angeht. Bei den bevorstehenden Terminen sieht es ein bisschen anders aus. Na wer mag schon von Arzt zu Arzt gereicht werden?
Aber da muss ich jetzt durch. Punkt
Heute ist ein CT angesetzt, wo nach möglichen Metastasen im Körper gefahndet wird. Mich gruselt das ein bisschen, zumal ich nicht weiss, welches Kontrastmittel die da nutzen und ob ich das denn auch vertrage, ob ich so lange still liegen kann, ob….
Kopfkino ohne Ende. Wie heisst es so schön: „Meistens kommt es anders als man denkt“. Also Kopfkino aus und was anderes denken, schnell… „Scheisswetter draussen, gelangweilte Hunde drinnen, unsichere Schreiberin vor dem PC“.
Gucken wir lieber, ob bei den Terminen was erfreuliches dabei ist.
- Zahnarzt – nicht wirklich erfreulich
- Chirurg Gespräch wegen Port einsetzen – naja könnte mir erfreulicheres vorstellen
- Kardiologe – hoffentlich muss ich da nicht noch radfahren, bin doch so eingerostet was das Radfahren anbelangt
ah da ist doch was erfreuliches – Perücken Besprechung. Cool Hatte lange überlegt ob ich mir so ein Teil machen lassen soll oder nicht. Eigentlich hatte ich mich schon dagegen entschieden, als mir vor meinem geistigen Auge folgende Szene vorbeihuschte:
Er: „Schatz in einer halben Stunde müssen wir bei XY sein. „
Ich:“ jaaa, suche nur noch das passende Tuch…“ (Mist verdammt, passt auch nicht in der Farbe, hach da ist ja eins. Und nun schön so rum und so rum…. sieht scheisse aus… nein so nicht…. schnief, nochmal…..)
Er: „Es sind nur noch 10 Minuten“
Ich: „Jaa doch, ich komme gleich „(mittlerweile liegt ein Wust an Tüchern auf dem Bett und ich starre immer noch meine Glatze an und mir ist gar nicht mehr zum Ausgehen und überhaupt….)
Ich: „Am Besten ist, du gehst allein hin“
Er: „Kommt gar nicht in die Tüte, soll ich dir helfen?“ (Er kommt und müht sich echt ab was passendes aus dem Haufen zu ziehen und zieht dann resigniert die Achsel hoch)
Ich: „Warum erinnerst du mich immer so knapp, du weisst doch, dass ich Zeit brauche… habe gar keine Lust mehr…. ich bleibe daheim….
So könnte das natürlich noch lange weitergehen und ich könnte dabei sogar einen Streit vom Zaun brechen. Nein, das ist für mich eine Horrorvorstellung. Also doch Perücke.
Er: „Schatz in einer halben Stunde müssen wir bei XY sein. „
Ich: „jaa, komme gleich… (Perücke vom Styroporkopf nehmen aufsetzen bisschen schminken, dem Spiegelbild die Zunge rausstrecken und noch ein paar Häärchen zurechtzupfen.. voilà fertig)
Ich: „bin schon da“ (lächeln wie ein Honigkuchenpferd)
Ist doch viiiiiel entspannter nicht? Also geh ich nächste Woche eine Perücke aussuchen, da freue ich mich drauf.
Kleiner Spoiler: ich hatte die Perücke ein einziges Mal auf. Auf der Fahrt vom Perückencoiffeur bis nach hause. Das hatte so gejuckt, dass ich es nicht aushielt.
Also mein Rat an diejenigen, die sich das mit der Perücke noch überlegen: Es geht ganz gut mit Tüchern.